28 Jun
Zeugenschutz von Polizeibeamten
Zeugenschutzmaßnahmen sind unter Anwendung von § 68 StPO und § 176 GVG sowohl im Rahmen des Ermittlungs- als auch im Rahmen des Hauptverfahrens bei allen richterlichen, staatsanwaltlichen, polizeilichen und bei kommissarischen Vernehmungen unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Hinsichtlich der Geheimhaltung des Wohnortes bestimmt § 68 Abs. 1 Satz 2 StPO, dass ein Zeuge, der Wahrnehmungen in amtlicher Eigenschaft und damit als Polizeibeamter gemacht hat, berechtigt ist, anstelle des Wohnortes den Dienstort anzugeben. Weitere Voraussetzungen werden nicht bestimmt. Maßgeblich ist mithin allein, dass der Zeuge sein Wissen im Zusammenhang mit einer Diensthandlung oder in sonstiger Weise dienstlich erlangt hat.
Bezüglich der Geheimhaltung der Identität ist § 68 Abs. 3 StPO einschlägig.
Gem. § 68 Abs. 3 Satz 1 StPO kann einem Zeugen gestattet werden, keinerlei Angaben zu seiner Identität/Person oder nur über eine frühere Identität zu machen, soweit ein begründeter Anlass zur Besorgnis besteht, dass durch die Identitätsoffenbarung Leben, Leib oder Freiheit des Zeugen oder einer anderen Person gefährdet wird.
Erforderlich ist mithin eine qualifizierte Gefährdungslage, so dass die Vorschrift erst zur Anwendung kommt, wenn dem Schutze des Zeugen allein durch Geheimhaltung des Wohnortes im Sinne des Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift nicht genüge getan werden kann (vgl. MüKo StPO/Maier StPO, § 68, Rn. 55).
Hinsichtlich der hierfür zu erstellenden Gefahrenprognose ist kein allzu strenger, sondern vielmehr ein großzügiger Maßstab anzulegen. Eine konkrete oder unmittelbar bevorstehende Gefährdungslage ist nicht erforderlich (MüKo StPO/Maier StPO, § 68, Rn. 57). Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen es um die Vernehmung Angehöriger der Ermittlungsbehörden geht. So ist etwa vor allem bei Polizeibeamten zu berücksichtigen, dass sich diese gerade aufgrund ihrer Tätigkeit häufiger Gefährdungslagen aussetzen müssen als anderweitige Zeugen, weil sie meist als Belastungszeugen fungieren (s. Anm. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.06.1991 – WS 279/91, Rn. 96). Insoweit braucht die erforderliche Besorgnis nicht über eine bloße Gefährdungswahrscheinlichkeit hinausgehen, muss sich allerdings auf die genannten Rechtsgüter beziehen (s. beispielhaft BGH, Beschluss vom 26.10.2011 – 5 Str 292/11 bzgl. „Rockerclubs“).
Hauptanwendungsfälle der Vorschrift dürften insbesondere im Bereich der Betäubungsmittel- oder sonstigen organisierten Kriminalität liegen (vgl. Bt-Drs. 12/989, 35).
Die Geheimhaltung der Identität durch anderweitige Maßnahmen als durch bloßes Nichtoffenbaren der persönlichen Angaben ist dem Wortlaut des § 68 StPO zwar nicht zu entnehmen, wird jedoch seit der Neufassung des dritten Absatzes für zulässig erachtet (MüKo StPO/Maier StPO, § 68, Rn. 64 ff.). Insoweit kommt sowohl eine optische als auch eine akustische Abschirmung in Betracht.
Wie eine derartige optische Abschirmung genau auszusehen hat, ist bislang nicht verbindlich geregelt worden. Ebenfalls hat sich keine einheitliche Rechtsprechung herausgebildet. Jedenfalls dürfte eine Abschirmung mittels einer spanischen Wand bei Vorliegen einer entsprechenden Gefährdungswahrscheinlichkeit nunmehr möglich sein (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.1990 – 1 Str 562/90). Hinsichtlich der Frage, ob dem Zeugen eine Gesichtsverhüllung gestattet werden kann, ist (zumindest im Hinblick auf das Hauptverfahren) die noch geltende Fassung des § 176 GVG („Die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung obliegt dem Vorsitzenden.“) zu berücksichtigen, auf welche derzeit richterliche Anordnungen bzgl. der Entfernung von Gesichtsverhüllungen gestützt werden. Dabei habe sich eine diesbezügliche einheitliche und verlässliche Anwendung des § 176 GVG in der Rechtsprechung bislang nicht herausbilden können (Bt-Drs. 19/6287, 7). Konkrete Regelungen hierzu sind mithin weder dem GVG noch der StPO zu entnehmen. Letztendlich liegt die Entscheidung damit im Ermessen des zuständigen Vorsitzenden.
Abzuwarten bleibt insoweit, ob dem auf Seiten des Bundesrates in diesem Zusammenhang im Dezember 2018 vorgelegten Gesetzesentwurf zur Neuregelung des § 176 GVG sowie § 68 Abs. 3 StPO (Bt-Drs. 19/6287, 9) zum Zwecke der Schaffung einer eindeutigen Regelung gefolgt wird.
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